Das Russland-Tagebuch
Online-Version
und als Buch

Im Sommer 2004 reiste ich mit dem Plan, einen Dokumentarfilm zu drehen und Aufnahmen für experimentelle Videos zu machen, durch Osteuropa mit dem Ziel Russland, das ich mindestens zwei Monate bereisen wollte. Doch bereits nach zwei Wochen, inzwischen in Riga/Lettland angekommen, brach ich die Reise vorzeitig ab und kehrte die Schweiz zurück. 

Angehörigen, Freunden und mehr oder weniger nahe stehenden Personen, verkündete ich in E-Mails und auf meiner Website, dass die Reise nach Russland weitergeht und begann eine Geschichte zu schreiben, die ich kapitelweise, alle zwei bis drei Tage an dieser Stelle auf meiner Website veröffentlichte. So reiste ich fiktiv vom 6. August bis zum 10. Oktober 2004 doch noch durch Russland.

Die Verwirrung war perfekt. Begann die geschriebene Reise gemächlich, verstrickte sie sich in einen komplexe und immer weiter ins Absurde und Unmögliche driftende Roadstory. Ich ging von vielen Klischees aus, und entfernte mich von ihnen. Viele zu offensichtlich unmögliche Zufälle geschahen. Es bildete sich ein regelrechter Leserkreis, die Adresse der Website wurde weitergereicht, ein Mitfiebern fand statt. Selbst Leute, die der Reise lesend folgten und mich persönlich trafen, kamen nicht darauf, dass es ein Schwindel war. Diese Reaktionen amüsierten mich und gaben mir Ansporn, die Geschichte weiterzuführen.

Die Geschichte spielt mit dem Traum vieler Menschen, sich vorübergehend Zeit und Raum zu entziehen, die Loslösung und das temporäre Vergessen alles Bestehenden (Umfeld, Familie, Arbeit), das Abgeben der eigenen Identität. Ich beobachtete an mir selbst und an Menschen, die ich auf meinen Reisen traf, dass das Bedürfnis, sich vom menschlichen Hauptstrom zu distanzieren und sich bewusst antizyklisch zu verhalten. Dies bestätigt sich in den Reisezielen, dem Weg und der Art dorthin, wie man sich aufhält, den Umgang mit Einheimischen, das Verhalten. Ich entwickelte daraus ein Spiel, das ich «Get Lost»* nenne und ich schon auf frühen Reisen bis zu einem gewissen Grad umsetzte. Man begibt sich in eine dangeröse (dangereux), riskante oder gewagte Situation. Nicht zu verwechseln mit: gefährlich, bedrohlich, abenteuerlich, waghalsig, tollkühn, unüberlegt, ausweglos. Es handelt sich um das Bewusstsein, sich in eine Lage zu begeben, diese bleibt aber unter eigener Kontrolle, dass man sich jederzeit aus eigener Kraft wieder daraus entfernen kann, und dann erleichtert sagen kann: «Das ist ja nochmals gut gegangen».

In der Laufzeit der Projektentstehung von «Das Russland-Tagebuch» entdeckte ich die leichte Manipulierbarkeit und grosse Glaubhaftigkeit der Menschen. Um dies weiter auszuloten ging ich eine sanfte Medienarbeit an, derer eine Publikation in Radio und Zeitung folgte und zweifelsfrei von der speziellen Reise berichtete. Das zeigte mir somit die fragliche Glaubwürdigkeit der Medien auf, die scheinbar ohne Recherche veröffentlichen und somit wohl allgemein Nicht- und Halb-Wahrheiten publizieren.

 

Die Ergebnisse meiner Reise:
Das Russland-Tagebuch Online-Version und als Buch
Russland-Videos 16. Oktober bis 21. November 2004 im groundzero theater Baden
Lese-, Video- und Soundperformance des Russland-Tagebuches 28. Oktober 2004 im groundzero theater Baden
Video-Liveschaltung Russland-Baden vom 30. September 2004

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